Lokus-Fashion

„Tolle Bluse, geiler Rock! Woher hast du die?“
„Von Uniqlo!“
„Vom Uniklo? Zwischen den Schüsseln gefunden? Mitgehen lassen? Eingetauscht?“

Von Tokio nonstop nach Berlin ist schon ein gewagter Sprung: vielleicht hätte man beim japanischen Modekonzern Uniqlo, der derzeit am Tauentzien die Eröffnung (April 2014) seiner ersten Deutschland-Filiale vorbereitet, auch mal jemanden zu Rate ziehe sollen, der der Sprache der hiesigen Eingeborenen halbwegs mächtig ist? Denn darauf zu setzten, dass die Berliner „Uniqlo“ richtig aussprechen lernen (nämlich: „Juni-Clou“), halte ich für gewagt. Auf alle Fälle aber ist es immer wieder witzig, welchen sprachlichen Slapstick die Globalisierung so kreiert.

Symbiose

Symbiose (Werbetafel am S-Bahnhof Pankow)

Prophylaktische Warnung oder gezielte Verlockung, den bitteren Gang anschließend mit etwas Köstlichem versüßen zu können? Auf jeden Fall haben Lebensmittelhändler und Dentalmediziner hier ihre Angebote erstklassig miteinander verzahnt. Gesehen am S-Bahnhof Pankow und ausnahmsweise einmal mit dem Telefon fotografiert.

In einem Land vor unserer Zeit …

… gab es noch eine Währung ohne Rettungsschirm und man holte sich Elektrogeräte nicht nur per Super-Mega-Brüller-Kredit im interstellaren Blödmarkt. Man hielt noch D-Mark in der Hand und ging zum Händler nebenan. Von unersättlichen Jägern unerbittlich verfolgt sind beide mittlerweile (fast) ausgestorben. Wie ein seltenes Fossil mutet daher diese Gebäudefront in der Skalitzer Straße an und weckt noch einmal Erinnerungen an jenes Land vor unserer Zeit.

Frittengelb

Mit einer ganz im appetitlichen Goldgeld heißer Kartoffelstäbchen gestrichenen Fassade lockte dieser Imbiß in der Lichtenberger Ruschestraße Liebhaber gehaltvoller Schnellkost an. Jetzt brutzelt hier nichts mehr, die Bude wurde zur fettfreien Zone und fällt bald gar der Abrißbirne zum Opfer.

Alles außer Immo!

Der Immobilienmarkt boomt in Berlin. Alles was eine halbwegs gute Lage hat, ist bei Käufern aus aller Welt heiß begehrt. Eine Top-Lage – zentral und verkehrsgünstig – hat auch dieses Einzelhandelsgeschäft unweit des Alexanderplatzes. Dessen Betreiber aber nehmen allen potentiellen Investoren gleich sämtlichen Wind aus den Segeln: Hier ist alles zu verkaufen – außer eben dem Haus, oder wie?

Schnickschnack

Keine Frage, sie gehören mittlerweile zu Berlin wie das Brandenburger Tor oder die Berliner Weiße. Trotzdem ist es kaum zu fassen, dass diese wilden Verkaufsstände mit Rote-Armee-Replika made in China und anderen gefakten Ost-Memoralia nicht aussterben! Aber irgendwie finden sie an irgendwelchen Straßenecken – wie hier an der Stresemannstraße Ecke Köthener in Mitte – immer wieder ein geeignetes Habitat, um ihren billigen Nepp feilzubieten. Und der bunte Schnickschnack macht offenbar genügend Touristen schöne Augen!

Coffee-Shop

Coffeeshop

Nicht nur in Holland, sondern auch in Berlin gibt es sie: die Coffee-Shops. Allerdings sind die hier natürlich nur im Untergrund zu finden. Und dann oft auch noch geschlossen. Wie dieser hier in Schöneberg.

Wellenkonserven

Schöneberger Frisörgeschäft (ca. 1955)

Haltbare Locken konnte sich die Schöneberger Dame Mitte der 1950er Jahre in diesem Friseurlädchen kringeln lassen. Ein Salon für die frisurbewusste Frau aus dem Kiez, ganz im etwas biederen Charme des beginnenden Wirtschaftswunders. Aus meinem Berliner Bildarchiv.

Ablass …

Papst-Merchandising am Olympiastadion

… von Höllenqualen gab es zu meiner Überraschung an den hochoffiziellen Papst-Shops auf dem Gelände des Olympiastadions nicht zu erwerben. Rabattscheine auf Fegefeuer-Torturen seien seit längerem nicht mehr „en vogue“, sagte man mir. Stattdessen gab es T-Shirts und Sitzkissen mit dem „Papst-in-Deutschland“-Logo und andere Ratzinger- und Vatikan-Devotionalien zu kaufen – übrigens vor, während (!) und nach der päpstlichen Eucharistiefeier. Wer in Opferkerzen investieren wollte, musste sich wenigstens bis zum Ende der Messe gedulden.

Ehrlich gesagt fand ich dieses „Offizielle Papst-Merchandising“ nicht besonders passend im Umfeld eines Gottesdienstes. Völlig unangemessen war aber aus meiner Sicht die von den Ordnern an den Zugängen zum Olympiastadion erbarmungslos durchgesetzte tonnenweise Entsorgung von Lebensmitteln. Dort mussten alle mitgebrachten Sandwichs in den Müll geworfen werden. Vorgeblich aus Sicherheitsgründen! Wenn man mich fragt, aber eher um die Kasse bei den Hot-Dog-, Currywurst- und Fischbrötchenständen rund ums Stadion ordentlich klingeln zu lassen. Für 2,50 Euro konnte man auch ungeweihte Laugenbrezel kaufen!

Wenn´s ums Geld geht, sind christliche Werte aber offenbar hinderlich, Papstbesuch hin oder her. Das manifestiert sich ja auch unübersehbar im direkten Umfeld der (evangelischen) Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche. Für ein paar Silberlinge wurden dort die Flächen an den Mauern und zwischen den Eingängen an mediokre Fast-Food- und Touristennepp-Buden verscherbelt.

Wenigestens bei den Preisen haben sich die Papst-Besuch-Vermarkter im Olympiastadion aber zurückgehalten: die T-Shirts gab es für weniger als ein Viertel dessen, was man für die blau-weiß-gestreiften Leibchen von Berlins Erstligafußballclub berappen muss. Vielleicht hat das aber auch etwas mit Angebot und Nachfrage zu tun. Eigentlich auch egal, denn ich selbst werde mir weder ein Papst-Hemdchen noch ein Hertha-Trikot je überstreifen.

King of Currywurst Ost

King of Currywurst Ost

Unter dem frisch sanierten Hochbahnviadukt glänzt auch die Reinkarnation der legendären Currywurstgarerbude Konopke´s. Irgendwie fehlt beiden ein wenig jene altehrwürdige Patina (dem Viadukt und der Imbißbude, nicht der Wurst), die dem Straßenbild dort, wo Schönhauser-, Kastanien- und Pappelallee sowie Danziger und Eberswalder Straße zusammentreffen, stets seinen typischen, leicht morbiden Charme verliehen hatte. Ob die Wurst noch genauso gut ist wie früher habe ich noch nicht getestet. Wird aber bald nachgeholt!

Bollenpiepen

Bollenpiepen

Bollenpiepen. Wieder eines dieser Worte, für die ich Berlin so liebe. Bolle – so bezeichnet der gemeine Spree-Athener die gewöhnliche Speisezwiebel. Piepen – das tun in der Stadt ganz junge Sperlinge und andere gefiederte Vogelkinder vor allem dann wie verrückt, wenn ihre Eltern mal wieder Futter ins Nest geflogen haben. Die Berliner Schnauze kreiert aus diesen beiden Worten die hiesige Bezeichnung für – na klar – ganz junge Zwiebelchen, die im restlichen Deutschland Schluppen, Frühlings- oder Lauchzwiebeln genannt werden. Das Bollenpiepen-Preisschild habe ich heute morgen beim samstäglichen Einkauf auf dem Wochenmarkt am Karl-August-Platz gesehen.

Wackelgeisha

Wackelgeisha

Nicht auf der Hutablage eines Opel, sondern in einer Vitrine an der Hardenbergstraße habe ich die Bekanntschaft dieser fernöstlichen Lady gemacht. Während ihr kurz- und vierbeiniger Pendant im Auto beim Bewachen der Klopapierrolle unterm gehäkeltem Überzug von einem Nicktick heimgesucht wurde, macht diese japanische Geisha made in China mit sanften Bewegungen Publicity für eine Sushi Bar. Die Nigiri-, Maki-, Gunkanmaki-, Chirashi- oder Oshi-Sushi, die es dort zu speisen gibt, wurden gleich im dauerfrischen plastilinen Zustand appetitlich um die zarte Verführerin herum angerichtet.

Hausbelieferung

Hausbelieferung

Wenn man die Kollekion leerer Getränkekästen vor dem Laden als Maßstab heranzieht, scheint das bunte Kioskgeschäft in der Adalbertstraße ganz gut zu laufen. Vielleicht, weil man das Angebotscocktail aus Softdrinks, Bier, Hochprozentigem, Süßem, Salzigem und Telefonkarten um eine kleine, aber entscheidende Dienstleistung erweitert hat: die „Hausbelieferung“. Dieser Bringdienst wird zumindest über die ganz Breite des Schaufensters angepriesen. Hat ihn schon jemand ausprobiert?

Die Qual der Wahl

Die Qual der Wahl

Wer in der Kreuzberger Adalbertstraße schmackhaften Fisch erstehen will, muss sich erst einmal einige Stufen abwärts begeben. Der kleine türkische Fischladen liegt nämlich im Souterrain. Frische und Qualität sind wirklich klasse, das kann ich aus eigener Erfahrung berichten. Wie auf dem Bild zu sehen kann sich so mancher beim Anblick des leckeren Meeresgetiers kaum entscheiden, was davon denn nun zuhause in der Pfanne landen soll. Im Sommer gibt es in dem Geschäft übrigens auch leckere Fischsnacks. Die kann man dann in Ruhe an einem der Bierzelttische auf dem Bürgersteig vor dem Laden sitzend verspeisen und dabei das Gewusel im Kotti-Kiez genießen.

Desillusionierte Passion

Desillusionierte Passion

Die Leidenschaft sollen sie so richtig anfachen, die Athmosphäre zum Knistern bringen, das Liebesspiel bis zur Ekstase befeuern: heiße Dessous für Sie und Ihn. Doch das junge Paar läßt das Angebot dieses Geschäfts in der Köpenicker Grünstraße völlig kalt. Vielleicht liegt es an dem phantasietötenden Werbespruch, dessen abtörnender Charme direkt den spießigen 1950ern enstprungen zu sein scheint. Vielleicht aber auch daran, weil nichts in den mit Papier verhängten Schaufenstern überhaupt das Begehren wecken könnte. Da bringt jeder altbackene Liebestöter in Opas oder Omas Wäscheschrank die Hormone mehr in Wallung! Schade!