Untergrund-Literatur

Im legendären Grips-Musical präferierten die berüchtigten Wilmersdorfer Witwen und ihre Mitfahrer in der „Linie 1“ das Springer-Revolver-Blatt „BZ“ als U-Bahn-Lektüre. Wer im echten Leben nicht gerade auf seinem Smartphone rumhämmert verkürzt sich die Fahrzeit in den orangegelben Zügen mittlerweile oft lieber mit dem Lesen ganzer Bücher – wie dieser Fahrgast hier. Gesehen im U-Bahnhof „Hausvogteiplatz“ (Berlin-Mitte).

Der Nicht-Platz

Im Sommer blubbern seine zentralen Wasserspiele nur dann, wenn sich ein barmherziger Sponsor gefunden hat. Aber eigentlich ist es auch egal, ob die Fontäne in der Mitte des Ernst-Reuter-Platzes sprühen oder nicht. Denn für Fußgänger und Radfahrer sind sie hinter dem vielspurigen Straßenrondell eh unerreichbar. Auch die abertausende von Autofahrern, die sich mit ihren blechernen Lieblingen täglich entgegen dem Uhrzeigersinn in den spiralförmig angelegten Kreisverkehr stürzen, nehmen die Springbrunnen höchstens aus den Augenwinkeln für einige Millisekunden wahr. Dieses Musterbeispiel eines menschenfeindlichen ‚Nicht-Platzes‘ verdanken die Berliner den in ihre eigenen ‚Visionen‘ verliebten Architekten Werner Düttmann und Bernhard Hermkes.

This is not KTzG´s way

Einen langen, steinigen Weg gilt es zurückzulegen, bis man an der Technischen Universität Berlin – hier das Hauptgebäude an der Straße des 17. Juni – endlich das heißersehnte Diplom bzw. den Master- oder Doktortitel erhält. Die ersten Scheine, das Vordiplom oder der Bachelor, die in endlosen Tagen und Nächten selbst erstellte Diplom- oder Doktorarbeit: alles wichtige Wegsteine, die den mühsamen Pfad bis zum angestrebten Abschluss an der TU-Berlin markieren. Herr KTzG hat diesen Weg hier nicht eingeschlagen.

Basar der Brokanteure

Vor dem Ernst-Reuter-Haus an der Straße des 17. Juni bieten samstags und sonntags vor allem professionelle Trödler und Raritätenhändler ihre Waren feil, die für Flohmärkte sonst typischen privaten Verkäufer sucht man hier vergeblich. Der Markt ist vor allem bei Berlin-Besuchern sehr beliebt, entsprechend hoch sind die Preise. Doch Feilschen ist erlaubt! Wer mit den Brokanteuren geschickt verhandelt, kann auch hier so manches Schnäppchen finden – vor allem wenn man zeitig am Morgen herkommt.

Beim Durstöbern der vielen Bücherkisten taucht manchmal sogar eine literarische Kostbarkeit wieder aus der Versenkung auf.

Wer mehr auf Glänzendes als auf Gedrucktes steht, findet zwischen all den Kuriositäten auf den Tischen der Händler vielleicht ein paar alte, wertvolle Kristallgläser, die verführerisch funkeln.

Ganz sicher aber ist, dass sich an einem Ort wie diesem echte Neugier lohnt. Denn derjenige, der mutig seine Nase in einen der vielen, unscheinbaren Kartons rechts und links der Stände steckt, wird möglicherweise belohnt mit einem ganz besonderen Schatz: einer Kiste voller Erinnerungen.

Beziehungsseismograph

Beziehungsseismograph hat Iris Gess ihr Werk aus Acryl, Strukturpaste und Leinwand getauft, dass diese Betrachterin auf sich wirken lässt. Bezeichnenderweise ist im Zentrum des Triptychons das Abbild der Frau platziert, flankiert von zwei zu ihr gerichteten männlichen Gestalten.

Ob diese Beiden für ihren Liebesbarometer dieselbe Anordnung wählen würden? Gesehen heute bei der Eröffnung der Ausstellung „Ludicolorum“ im Mossepalais am Leipziger Platz.

Dach unterm Zelt

Von der Mittagssonne angestrahlt recken sich diese Schöneberger Brandwände dem mit zerzausten Federwölkchen verzierten Himmelszelt entgegen.

Berlinale: „Das hässliche Entlein“

Jeden Februar auf´s Neue wandeln sich viele Berliner Cineasten zu mehr oder weniger gelungenen Hamlet-Kopien: 'Welchen soll ich mir ansehen? Den oder den? Das ist hier die Frage!' Klar, es ist wieder Berlinale. Und um aus den mehr als 400 Festivalfilmen die Besten herauszupicken, bleibt nur, wann immer es geht, das Programmheft zu studieren: z.B. in der U-Bahn...

... oder beim kollektiven Schlangestehen vor den Ticket-Schaltern.

Wichtigstes Utensil dabei: der Kugelschreiber, mit dem man die selektierten Streifen markieren kann. Dann bleibt nur noch banges Warten und hoffen, dass es noch Karten für zumindest einige der auserkorenen Filme gibt.

Und dann hält man sie endlich in der Hand, die heißbegehrten Zugangsberechtigungen für die Lichtspiele. Aber die schlechte Nachricht: nicht eine Karte für unsere Favoriten war dabei. Doch manchmal entpuppt sich das ungeliebte, hässliche Entlein doch noch als stolzer Schwan: unsere Notwahl, der koreanische Thriller 'Undust', war schlichtweg genial.

Allein unter Bienen

Kaum streicheln ein paar Sonnenstrahlen nach so vielen grauen Tagen wieder Seele und Gemüt, schon schwärmen sie wieder aus. Zumindest im Tiergarten bin ich für die Jahreszeit ungewöhnlich großen Scharen von Drahteseln begegnet und dabei fast über den Haufen gefahren worden. Etwas friedlicher geben sich die Zweirad-Rudel, wenn sie rasten – wie hier an der Schleusenbrücke. Dann kann man sich den Velos auch schon mal ohne Gefahr für Leib und Leben nähern – und dabei manch interessante Beobachtung machen. Wie z.B. diese Clown-Tröte, die allein unter zahllosen Bienen-Hupen offenbar ganz zufrieden ist.

Bubble-Gum-Monument

Bubble-Gum-Monument

Stundenlang mit den Beißerchen malträtierte und ihrer letzten Aromen beraubte Kaugummis gehören – eingewickelt in Papier- in den Mülleimer. Oder – in noch warmen, feuchten und weichen Aggregatzustand – an die Mauer. Am Potsdamer Platz kleben Wiederkäuer und Bubble-Bläser von allen fünf Kontinenten ihre ausgelaugten Doublemint-, Tutti-Frutti- und Strawberry-Massen an ein Segment des einstigen antiimperialistischen Schutzwalls, das hier an den früheren Grenzverlauf erinnern soll. Eine ziemlich eklige Methode des Mauergedenkens. Aber eine irgendwie auch faszinierende Art, seine genetischen Spuren in Berlin zu hinterlassen – und auf jeden Fall witziger als die sonst üblichen „Mandy was here“-Gekritzel.

Per Tram in Richtung Emanzipation

Während ihre Männer, Söhne und Väter fernab der Heimat ihresgleichen um die Ecke brachten oder selbst ins Jenseits befördert wurden, drangen Frauen, Mütter und Töchter daheim in Lebensbereiche vor, die zuvor als reine Männerdomänen galten. Mangel und Not ließ alte gesellschaftliche Tabus aufbrechen. Frauen übernahmen Aufgaben und Jobs, die man ihnen zuvor verwehrt oder nicht zugetraut hatte – wie diese Berliner Straßenbahnfahrerinnen. Das Foto – aufgenommen im Sommer 1917 während des ersten Weltkriegs – zeigt die Tramchauffeurinnen während der Mittagspause – noch misstrauisch beäugt von männlichen Kollegen. Später dann im Frieden bewahrte die Damenwelt größtenteils das einmal eroberte Terrain und ihr gewachsenes Selbstbewusstsein.

Krieg also als Emanzipationsbeschleuniger? Bleibt zu hoffen, dass da fundamentalistische Feministinnen nie in die Nähe der berühmten roten Knöpfe gelangen! Denn ich kann mir nur schwer vorstellen, dass eine alte Steinzeit-Emanze á la Alice Schwarzer der Versuchung dann widerstehen könnte.

Improvisationen des Minimalismus

Die hohe Schule der Improvisation kann man am Schloss Güterfelde bei Potsdam bewundern - wenn auch auf einem Gebiet, das nicht bei jedem vertrauensvolle und wohlige Gefühler wegt. Diese Installationen hier stammen noch aus DDR-Zeiten, als das ehemalige Gutsschloss als Seniorenheim genutzt wurde.

Die hohe Kunst der Improvisation kann man derzeit noch am Schloss Güterfelde bei Potsdam bewundern – wenn auch auf einem Gebiet, das nicht bei jedem Vertrauen und sonnige Gefühle weckt. Diese minimalistischen Installationen zum Beispiel stammen noch aus der Epoche des sozialistischen Fünf-Jahres-Plan-Expressionismus, in der das ehemalige Gutsschloss als Seniorenheim genutzt wurde. Ob sie – wie das Gebäude selbst – auch unter Denkmalsschutz stehen?

Ein Schloss am Steinplatz

Ein Schloss am Steinplatz

Ein funkelnagelneues Vorhängeschloss am eisernen Gartentor und dahinter ein jungfräuliches, in mediterranem Blau gehaltenes Dixi-Klo. So etwas wie die ersten beiden Schwalben am Ende eines langen, kargen Winter? Vorboten auf bessere Zeiten für das lange Zeit dem Verfall überlassene Endell-Haus am Steinplatz? Ich hoffe jedenfalls sehr.

Lesetipp: Mehr zu den Sanierungsarbeiten am Prachtbau des ehemaligen Hotels am Steinplatz hier.

Mis(s) Colores Latinos

Gestern gehörte die Nacht in der Charlottenburger Salsathek „MiSalsa“ den ecuadorianischen Schönheiten: strahlend und gespannt warten sechs junge Berlinerinnen auf die Entscheidung, wer von ihnen beim Finale des diesjährigen „Miss Latina Contest“ die Farben ihres südamerikanischen Heimatlandes vertreten darf.

Häppchen-Jäger

Die Hoffnung auf Gratis-Genüsse trieb am vergangenen Wochenende wieder die Massen zur Grünen Woche. In langen Schlangen harrten die Häppchen-Jäger am Messedamm geduldig aus, um ihren Eintrittsobulus zu entrichten. Doch die meisten kulinarischen Köstlichkeiten gab es in den Messehallen unterm Funkturm nur gegen einen Bündel Bares.

Die Rose von Tegel

Gelandet. Angekommen. Da ist sie. Endlich. Der dornige Stengel ist mit schützendem Papier umhüllt. Die elegante Blume atmet Berliner Luft. Die zarte Blüte erzählt ihre eigene, ganz besondere Geschichte.