Appell

Eindringlicher Aufruf nach dem Putin-Überfall auf die Ukraine am todgeweihten „Haus der Statistik“ in Mitte – ob die von vielen Friedenstauben umschwärmte Botschaft mit dem größten Wunsch der überwältigen Mehrheit der Menschen auf diesem Planeten jedoch von den Kriegstreibern im Kreml und anderswo auf der Welt überhaupt gehört werden will, ist leider mehr als zweifelhaft.

Antike Avancen

Apollon stalkt Daphne: griechisches Drame ohne Happy End neben der Hochbahn in Kreuzberg. Mit dem riesigen Mural verwandelten Francisco Bosoletti und Young Jarus zumindest die Südseite des anonsten eher deprimierenden Wohnsilos an der Gitschiner Straße in einen Hingucker.

Bröckelnde Gewissheit

Nicht ist für die Ewigkeit! Trotz hartem Kern, hoher Wachsamkeit und optimistischem Blick in die Welt muss das einstige AOK-Gebäude in der Pallasstraße einem Neubauprojekt weichen. Vis-à-vis dem Winterfeldplatz entstehen nun Eigentumswohnungen im oberen Preissegment.

Dackel-Kult

Sakral-animalische Sprühkunst in der Gerichtsstraße in Gesundbrunnen. Nicht im Bild der „Altar“ vor dieser Schöpfung: eine Baumscheibe mit Hundehaufen aller Coleur und spezieller „note de parfum“.

Collagiert

Mit einem so bunten wie flüchtigen Cocktail aus Sprüchen und Bildern versehenes Ladenkokal in einem verwaisten Wohn- und Geschäftshaus in Friedrichshain.

Weltfremd aber geil

Ob Alk, Glimmstengel, Tattoo oder aufgemotztes Gefährt – dieser pickelige Blaublüter nichtirdischer Herkunft lebt seine Triebe recht schamlos aus. Expressives Wandgemälde auf der Außenmauer einer Autowerkstatt in der Friedrichshainer Colpestraße.

Elefantöses Mural

Im Schatten eines mit dem Weltenball spielenden Dickhäuters jagen Kreuzberger Kids ihrem Fußball hinterher. Das farbenfrohe Rüsseltier pinselte der französisch-kolumbianische Künstler Jadore Tong auf die Rückseite eines Wohnhauses in der Kreuzberger Wilhelmstraße.

Spacig

Ein sich in andere Sphären hangelndes Astrohörnchen bastelt zusammen mit einer wohl aufgrund von Clerasil-Entzug behelmten SM-Influencerin an einer günstigen Sternenkonstellation. Oder so ähnlich. Abgehobenes Brandwand-Bildnis in der Suadicanistraße am Südkreuz.

Fingerfood

Perfekt platziert: Wen hier die U-Bahn abends ausspuckt, der kann sich gleich sein Dreieck für die Instant-Konsumierung auf dem Nachhauseweg oder das Diner im trauten Heim holen.

Grüßaugust

Wirklich jeder, der aus den Eingeweiden Berlins emporsteigt, wird vor dem Austritt in die Heinrich-Heine-Straße (Mitte) von diesem Herrn ohne Maske stilvoll und herzlich empfangen.

Nette Ecke

Erst grau, dann bunt, jetzt bunt und besprüht: die Kindl-Treppe in Neuköllns „Netter Ecke“ – genauer gesagt Isar-/Ecke Neckarstraße – begeistert mit ihrem farbigen Antlitz. Unter dem Motto „Meine Welt – gemeinsam gestalten“ hatten die Künstler Nicolas Freitag und Anja Röhling die Neuköllner 2016 aufgerufen, fantasievolle Motive mit Bezug zu Neukölln zu erstellen. Rund 400 der eingereichten Collagen, Fotos und Zeichnungen wurden auf Kreise und Streifen aus Aluminium gedruckt und an der Treppe installiert. Im Frühjahr 2019 war die Treppe komplett. In der Folgezeit sorgten dann heimische Schmierfinken mit ihrem arttypischen talentfreien Sprühdosen-Ejakulat für das entsprechende Lokalkolorit.

Unter Beobachtung

An der Mauer stets fest im Blick der Grenztruppen. East-Side-Gallery 2013.

Vergängliche Street-Art-Galaxie

Diese schrillen Graffitis ziehen die Massen von der Nürnberger Straße in Schöneberg hinein ins schräge „The Haus“. Drinnen wartet ein bizarres Street-Art-Universum aus Graffitis, Skulpturen, Tape Art und Installationen jeder Art. Die so einzigartige wie vielfältige Pop-Up-Galerie ist der kreative Output einer multinationalen Künstlerhundertschaft. Leider verschwindet sie schon bald in einem schwarzen Loch: ab August wird das Gebäude abgerissen, um Platz für einen Neubau zu machen. Also noch schnell hin!

Lieschen schmult

Versteckspielen mit Schummeln: beim Zählen lugt das Lieschen durch die Finger! Graffiti nach Zille-Art in der Hagenauer Straße in Prenzlberg.

Music out of the box

Während Alexander von Humoldt sich noch immer in Partituren zu verlieren scheint, verschwindet ein bauchiges Mitglied der Staatsoper Berlin nach dem Auftritt bei der „Oper für alle“ in seinem mobilen Zuhause am Rande des Bebelplatzes.