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1973

Abendliches Straßenbild mit Gaslaterne aus dem Wedding

Potentielle Stammkneipe No. 21

Der grüne Pfeil weist die Richtung. Die Tür ist offen. Am Tresen ist ein Plätzchen frei. Trotzdem führt mein Weg nicht zum Bier im Lohrentz-Eck in der Greifswalder Straße. Um kurz nach neun Uhr morgens ist der Tag einfach noch zu jung.

Ostblock-Moloch

Angesichts des grau-braunen „Memi-Monsters“ erdulden Wartende an der Tram-Haltestelle Karl-Liebknecht-Str./ Ecke Memhardstraße schlimmste visuelle Pein. Das heruntergekommene Plattenungetüm würde man eher in Pjöngjang als in prominenter Lage von Berlin-Mitte verorten.

„Entworfen“ – wenn man das überhaupt so sagen darf – hat den Gebäude-Komplex Anfang der 1980er Jahre ein von Klaus Bläsing geleitetes Architekten-Kollektiv. Federführend dürfte das Wohl der Werktätigen und das Glück des Volkes da eher nicht gewesen sein. Der Bau ist vielmehr ein Sinnbild für die Perfektion der Hässlichkeit, die infolge der dem DDR-Sozialismus inhärenten Menschenverachtung und limitierten wirtschaftlichen wie kreativen Möglichkeiten die städtebauliche Entwicklung im verblichenen Arbeiter- und Bauernstaat beherrschte.

Aseptische Atmosphäre

Sterile Bauten in der Kleine Alexanderstraße, Berlin-Mitte.

Haltestellen-Hader

Frust in der Karl-Liebknecht-Straße in Mitte. War es der Yelbi, der einem trotz verzweifeltem Schlussspurt die Tür vor der Nase zugeschlagen hat? Oder bewegen sich die auf dem DIFA (digitaler Fahrgastinformationsanzeiger, BVG-Sprech) für die Wartezeit bis zur nächsten Verbindung angegebenen BVG-Minuten wieder am obersten Ende der für diese eher ohnehin unverbindliche Einheit gemeinhin angenommenen weiten Zeitspanne? Oder stinkt einfach nur die Trostlosigkeit der verwaisten, hässlichen Platte selbst zum Himmel?

Potentielle Stammkneipe No. 20

Auf ein Bierchen im Alt-Berlin – da komme ich leider viele, viele Jahre zu spät in die Krumme Straße. Wirklich ein Trauererspiel, dieser Verfall. Vielleicht erbarmt sich ja jemand dieses Gebäudes und – nach entsprechender Sanierung – bekomme ich eine zweite Chance auf ein Blondes im neuen Alt-Berlin.

Rotlicht-Relikt

Seit 1899 gibt es Lichtspieltheater mit erotischem Programmschwerpunkt in Berlin. Spätestens seit sich bewegte Bilder jedes nur erdenklichen unkeuschen Inhalts per Mausblick auf den Monitor im stillen Kämmerlein zaubern lassen, stehen Etablissements dieser Art auf der Roten Liste (der vom Aussterben bedrohten Spezies). Allen Widrigkeiten zum Trotz öffnet diese einschlägige Filmbühne in der Wilmersdorfer Blissestraße bis heute ihre Pforte. Möglicherweise sind die unzweideutige Signalfarbe und das gepflegte Schmuddelimage die Bringer.

Macht nix!

Spiel, Spannung, was Süßes und eine pushende Parole – entdeckt in der Gerichtsstraße in Gesundbrunnen.

Dackel-Kult

Sakral-animalische Sprühkunst in der Gerichtsstraße in Gesundbrunnen. Nicht im Bild der „Altar“ vor dieser Schöpfung: eine Baumscheibe mit Hundehaufen aller Coleur und spezieller „note de parfum“.

United Colours

Farbenfrohe Familienbande quert an einem verlassenen Ladenlokal vorbei den Nettelbeckplatz.

Sweethouse

Hier gibt es Lollies, Schokolade, Kaugummis, Bonbons, Chips, Gummibärchen, Wassereis, Getränke und Knabberzeug in allem Formen und Farben käuflich zu erwerben. Das Traumhaus für Süßmäuler steht in der Lindower Straße im Wedding.

Mobiler Wandel

In Buchstaben gefasste Erinnerung an eine Epoche, als anstelle smarter „Juicer“ oder „Hunter“ sich noch schlagfertige Mannsbilder um die Gefährte kümmerten, mit denen die Berliner übers Großstadtpflaster huschten. Gesehen in der Krumme Straße in Charlottenburg.

Elliptisches aus einer anderen Zeit

Beschwingtes Essenfassen für fast 4.000 Sportskanonen: kühn geschwungene Ostfassade des mittlerweile weitgehend sanierten „Speisehaus der Nationen“, dem Mittelpunkt des zur Berliner Olympiade von 1936 in den märkischen Sand gesetzten Olympischen Dorfs.

Am Wiegandufer

Schattenfamilie auf dem Neuköllner Schifffahrtskanal.

Schau- und Sonnenkästen

Beton, Glas, Metall und ein paar Blüten: Teil der Ostfassade des Pierre-Vago-Hauses im Hansaviertel, Klopstockstraße 14 – 18, aufgenommen im Juli 2010