Verblichener Glamour

Verblichener Glamour

Für wen er wohl ausgelegt wurde? Wahrscheinlich erinnert sich dieser einst purpurne Teppich selbst nicht mehr daran. Heute wird der vergammelte Läufer vor dem leerstehenden Speicherbau kaum noch eines Blickes gewürdigt. Im Gegenteil: eilige Passanten auf dem Weg zur nahegelegenen U-Bahnstation Gleisdreieck treten ihn auch noch mit den Füßen.

Baum-Feste

Baum-Feste

Wie eine mächtige Burg mit ihren dicken Mauern und hohen Türmen wirkt der gewaltige Stamm dieser Kastanie. Dieser Eindruck wird durch den exponierten Standort des kolossalen Baumes noch verstärkt: er wächst oben auf der Kuppe einer kleinen Anhöhe mitten in der Königsbastion der Zitadelle Spandau, Berlins größter Festungsanlage.

Hort des journalistischen Abschaums?

Hort des journalistischen Abschaums?

„Das ist der Richter, der den Prügler frei ließ!“ prangt in riesigen Lettern auf der gestrigen Ausgabe der BZ. Dazu ein wahrscheinlich hinterhältig mit versteckter Kamera aufgenommenes Foto des Mannes, der mit dem Fall der brutalen U-Bahn-Schläger betraut war. Natürlich finde ich es auch nicht gut, dass dieser junge Fastmörder (zunächst) wieder auf freiem Fuß ist. Aber was gibt diesen BZ-Journalisten das Recht, einen Richter auf diese infame Weise an den Pranger zu stellen, die persönliche Integrität eines Menschen zu beschädigen, der sich an Recht und Gesetz gehalten hat? Vielleicht, weil er den Reportern dieses Springerproduktes – völlig legitim übrigens – keine schlagzeilenträchtigen Auskünfte zu dem laufenden Verfahren geben wollte? Oder gibt es noch andere Gründe?

Vor ein paar Tagen habe ich in der Gedenkstätte Sachsenhausen Artikel aus dem Völkischen Beobachter und anderen braunen Zeitungen gelesen, in denen einzelne Personen – vor allem politische Gegner, Juden sowie mutige Richter und Beamte – auf das Übelste diffamiert werden. Ist solche Art der Hetze möglicherweise Vorbild für die Macher der BZ? Vielleicht insbesondere dann, wenn sich solche öffentlichen – in meinen Augen skrupellose – Menschenjagden auch noch gut verkaufen lassen? Ein solcher Eindruck drängt sich mir hier förmlich auf. Mit journalistischem Anstand und Berufsethos hat eine solche Art der Berichterstattung – zumal ohne jegliche inhaltliche Qualität – für mich jedenfalls rein gar nicht zu tun. Wer seine Beiträge unter solchen Prämissen verfasst und publiziert, darf sich nicht wundern, wenn er nicht als Journalist respektiert sondern als schmieriger Schreiberling verachtet wird. Vielleicht ist das ja auch ein Grund, warum der Fotograf, der das Foto des Richters aufgenommen hat, nicht mit seinem Namen erwähnt wird bzw. werden will – ganz im Gegensatz zu den sonst üblichen Gepflogenheiten in dieser geltungssüchtigen Branche. Oder ist es nicht (nur) Feigheit, sondern (auch) die Angst vor rechtlichen Konsequenzen für die mit Sicherheit nicht autorisierte Aufnahme?

Wenn friedlich tödlich heißt…

Wo friedlich tödlich bedeutet

Explosionen, Zerstörung, Verseuchung, Sperrzone, Evakuierung, Liquidatoren, Zwangsumsiedlung, Notunterkunft, Vertriebene, Flucht, Angst, Verzweiflung, Sterben, Tod! Nein, das ist keine Kriegsberichterstattung, sondern nur das Standardvokabular, mit denen gemeinhin die Folgen realer Störfälle bei der sogenannten friedlichen Nutzung der Kernernergie beschrieben werden – siehe Tschernobyl und Fukushima.

Aber kann man eine Technologie, die im Falle des offensichtlich gar nicht so unwahrscheinlichen Versagens das Potential hat, hunderttausende Menschen zu töten und weite Gebiete für unbestimmte Zeiten unbewohnbar zu machen, überhaupt friedlich nennen? Großmännische Vorstände von Versorgern und von strahlenden Lobbyisten umsorgte Politiker beschwichtigen da gerne mit Floskeln vom ‚vertretbaren Restrisiko‘. Vertretbar für wen? Kann irgendjemand bei zwei apokalyptischen Unfällen innerhalb eines Vierteljahrhunderts überhaupt noch das Wort ‚Restrisiko‘ guten Gewissens in den Mund nehmen?

Gestern jährte sich zum 25. Mal das Reaktorunglück von Tschernobyl. Im Gedenken daran gab es in Berlin zahlreiche Veranstaltungen. Dabei stand natürlich das Schicksal der Menschen in den besonders betroffenen Gebieten der Ukraine und Weißrusslands im Mittelpunkt. Aber es wurden auch die Fragen nach dem zukünftigen Umgang mit der Atomenergie – wie hier im Französischen Dom – intensiv diskutiert. Das Ergebnis war ein klarer Konsens: die Kernenergie ist wenn überhaupt nur noch für eine sehr begrenzte Zeit des Übergangs zu akzeptieren. Allerdings bleibt es eine harte gesellschaftliche Aufgabe, einige ignorante ‚Ewig-Gestrige‘ in den Prozess der energiepolitischen Evolution einzubinden. Gestern gelang das nicht, glänzte die Atomlobby doch nur durch kollektive Abwesenheit. Wahrscheinlich fürchten sich die Energie-Dinos vor dem öffentlichen Eingeständnis, dass sie – ganz so wie Goethes Zauberlehrling über seine Geister – keine wirkliche Kontrolle mehr über ihre ach so friedliche Technologie haben.

Meine Fresse

Lesestunde am Landwehrkanal

Schnell mit dem Rad in den Tiergarten, dann eine entspannte Lesestunde am Landwehrkanal mit People-and-Ship-Watching. Dazu eine Lektüre, die auch noch heimatliche Gefühle weckt: „Meine Fresse“ von Herbert Knebel. Kurzweiliger lässt sich ein Nachmittag bei diesem herrlichen Wetter kaum verbringen.

Symbolik in Zartrosa

Kirschblüten am Hohenzollernplatz

Zierliche Kirschblüten werden von den Strahlen der Morgensonne geweckt. Aufgenommen heute früh am Hohenzollernplatz in Wilmersdorf. In Fernost gilt die Kirschblüte nicht nur als Zeichen des Frühlings, sondern auch als Symbol für die verschiedenen Phasen des Lebens und seine Vergänglichkeit. Die kurze Blüte entspricht der Jugendzeit voller Kraft und Schönheit. Aber der Fakt, dass alte Kirschbäume viel üppiger blühen als junge, macht den Baum auch zum Symbol für die ältere Generation: die Früchte und Fülle von Erfahrungen eines ganzen Lebens werden dann sichtbar. Aber auch die Verletzbarkeit des menschlichen Daseins verkörpern die zarten Blätter: ein Windstoß reicht, um die schönsten Blütenträume für immer fortzureißen.

Kazett

Kazett

Unser Besuch gestern im ehemaligen KZ Sachsenhausen ließ mich eins ganz deutlich spüren: Manche Wunden der Geschichte sind zu tief als dass sie wohl jemals ganz zu heilen sind. Vielleicht ist gerade das aber auch ganz gut so: sichtbare Risse und vernarbte Brüche halten die Erinnerung an Ereignisse, Opfer und Täter lebendig. Sie sind eine körperlich spürbare Mahnung an jeden Einzelnen. Einen Ort, der mich auf dem Gelände der Gedenkstätte besonders bewegt hat, habe ich auf dem Foto festgehalten. Es zeigt den Toilettenraum in der Baracke (Block) 39 des Konzentrationslagers. In diesem von Bewachern und Insassen als ‚Scheißhaus‘ bezeichneten Raum hatten die rund 180 Häftlinge eines jeden Blocks morgens und abends binnen weniger Minuten ihre Notdurft zu verrichten. Geschwächte Häftlinge hatten kaum eine Chance, eines der Sitzklos zu erreichen. Viele von ihnen blieben einfach auf den kotbeschmierten Fliesen liegen.

Gerade die Toiletten- und Waschräume der Barracken waren auch immer wieder Schauplatz grausamer Torturen und bestialischer Morde durch das SS-Wachpersonal. Keiner hat diejenigen gezählt, die hier zusammengeschlagen, gar zu Tode geprügelt, an den Wasserhähnen aufgehängt oder in Toiletten und Waschbecken ertränkt wurden.
Auch im nachstehenden Gedicht, das der Häftling Alexander Kusiliewicz 1941 in Sachsenhausen schrieb, ist das ‚Scheißhaus‘ von zentraler Bedeutung: spätestens hier wurde den Häftlingen klar, dass sie alle – gleich welchen Status oder welche Herkunt sie einmal besessen haben mögen – in den Augen der selbsternannten ‚Herrenmenschen‘ alle gleich viel wert waren: gar nichts.

Kazett
Das Kazett gleicht einem bösen Hund:
Sein Ruf ist furchterregend.
Wozu denn noch Leichen gegenüber
dir Krautjunker-Geste
Im Zebrakleid ist doch alles scheißegal!
Hier nützen uns keine Diplome mehr
und auch der Herr Bischof muss das Scheißhaus fegen,
genauso wie ich!
Ob Troßknecht oder General
hier wirst du nicht zum Nabel der Welt!

Begriffserläuterungen: Kazett = Konzentrationslager (KZ), Krautjunkergeste = Hitlergruß, Zebrakleid = gestreifte Häftlingskleidung.

Femme fatale

Femme fatale

Höchst verhängnisvoll wäre eine solche Begegnung mit der Dreizack schwingenden Frau sicherlich für geschuppte Schwimmfreunde geworden – zumal bereits mehrere Fischkadaver die Treffsicherheit der Amazone nachdrücklich bezeugen. Als Zweibeiner kann man sich aber wirklich gefahrlos an der makellosen Schönheit der Fischerin ergötzen. Die von Emil Wolff (1802-1879) geschaffene Skulptur ist in der zum Schinkelmuseum umfunktionierten Friedrichswerderschen Kirche zu bewundern.

Siechentor

Siechentor

Vor allem Kranke und Bedürftige schritten durch dieses Portal in der Nähe des Schlossparks Charlottenburg. Anfang des letzten Jahrhunderts im Auftrag der damals noch selbstständigen Stadt Charlottenburg errichtet, diente das ‚Städtische Bürgerhaus‘ mittellosen alten, erwerbsunfähigen und/oder chronisch kranken Menschen als Heim und Hospital. ‚Siechenhaus nannte die Berliner Schnauze recht respektlos diese Wohlfahrtseinrichtung der öffentlichen Hand. Später wurde der heute unter Denkmalschutz stehende Gebäudekomplex an der Mollwitzstraße zum Krankenhaus. Nun sollen in den seit einigen Jahren leerstehenden Häusern mit den signifikanten Backsteinfassaden komfortable Wohnungen entstehen.

Lesetipp: Hier gibt es mehr Infos zum einstigen Bürgerhospital Charlottenburg und was daraus werden soll.

Lustvoller Marathon zu Barden und Mimen

Lustvoller Marathon zu Barden und Mimen

Fünf Dutzend Berliner Bühnen, hunderte von Darbietungen. Die Qual der Wahl. Das Austüfteln der besten Route hin und her durch die Stadt. Die Kunst zu warten – nicht auf Godot, sondern den Einlass in volle Säle. Sieben Stunden Operette (Staatsoper im Schillertheater), U-Bahn mit Saxophon-Solo, mobiles Drama (Brotfabrik), Tram, magisches Ballett (Komische Oper), Schusters Rappen, Varieté (Chamäleon), S-Bahn. Die lange Nacht der Opern und Theater hat uns viel geboten und uns alles abverlangt.

Tour d´Afrique

Tour d´Afrique

Per Velo durch Afrika: wohl kaum eine andere Fortbewegungsart ermöglicht es dem Reisenden, den geheimnisvollen schwarzen Kontinent so eindringlich, so hautnah zu erleben. Die exotische Tier- und Pflanzenwelt oder die intensiven Farben der Savanne: einen Hauch von Afrika können abenteuerlustige Biker auch in Berlin spüren. Zumindest für ein paar kurze Augenblicke, wenn man durch die Charlottenburger Mollwitzstraße strampelt. Die bunte Wandmalerei entstand übrigens im Jahr 2008 im Rahmen eines Schulprojektes.

Platte reloaded

Platte reoladed

Formenreich, farbenfroh, frisch saniert – nicht ganz freiwillig haben sich Wohnungsbaugesellschaften im Berliner Osten einige Mühe gegeben, die schlecht beleumundete Platte für Mieter einigermaßen attraktiv erscheinen zu lassen. Mancherorts kann sich das Ergebnis durchaus sehen lassen – wie hier zwischen der Allee der Kosmonauten und dem Murtzaner Ring.

PET – Shop – Boys

Pet - Shop - Boys

Das Geschäft mit recyclebaren Rohstoffen boomt. Auch ein riesiger Sack mit leeren PET-Flaschen ist da bares Geld wert. Da die Pfandkurse für die Plastikbuddeln allerdings kaum kurzfristigen Preisschwankungen unterliegen, glaube ich nicht, dass die Jungs gerade mit ihrem Broker telefonieren. Eher debattieren sie darüber, wie sie die Erlöse für ihre Pullen reinvestieren. Denn Cash winkt: der Supermarkt an der Ecke ist nah und gut.

Marzahn Beauty

Marzahn Beauty

Stur presst die steinerne Schönheit die Lider zusammen. Vielleicht öffnet sie die Augen erst, wenn frisches Laub an den Bäumen die Sicht auf die harten Konturen der umliegenden Betonklötze erträglicher macht. Die Skulptur wurde 1984 von der Bildhauerin Ingrid Puhlemann geschaffen. Die von der Künstlerin \‘Die Stehende\‘ getaufte Arbeit findet man heute neben den Werken anderer Bildhauer im Marzahner Springpfuhl-Park.

Sehnsucht

So unsagbar nah, so unerreichbar fern! Momente, in denen das Verlangen fast körperlich schmerzt. Augenblicke, in denen die Sehnsucht nach Erfüllung dürstet. Aber es sind noch ein paar Stunden zu malochen! Erst dann ist Zeit für das so lang ersehnte Rendezvous mit dieser großen blonden Versuchung. Das wohlverdiente und gut gekühlte Feierabend-Bier muss allerdings wirklich kein Schultheiss sein. Fotografiert gestern in Prenzlauer Berg.